Die ökologische Marktwirtschaft - ein Gedankenexperiment

 

 

Eine Systemwechsel hin zur ökologischen Marktwirtschaft, die sich an den umweltrelevanten Kennzahlen koppelt für echte nachhaltige Entlastung und soziale Umverteilung – ein Gedankenexperiment.

Soziale Ungleichheit und Klimakrise lösbar?

Die G7 haben sich zum G7-Treffen im Juni 22 auf Schloss Elmau zum Klimaclub zusammengeschlossen. Der Begriff verschleiert etwas, worum es im Klimaclub eigentlich geht. Die Idee des Klimaklubs basiert auf den Gedanken des Nobelpreisträgers William Nordhaus 2015. Demnach sei der Klimaclub ein multinationales Handelsabkommen mit Strafzöllen und CO2-Steuern und damit ein makroökonomisches Instrument zur Erreichung von Klimazielen.

Bei Maischberger vom 29.06.2022 geht Eckart von Hirschhausen noch weiter. Der Klimaclub solle aufs Private runtergebrochen werden. Der Energie-Verbrauch des Nachbarn solle transparent werden und sozialer Druck entstehen. Schnell wird dieser Vorschlag unter Hinweis auf ein demokratisches Miteinander wegdiskutiert. „Ich möchte keine Ökodikatatur!“ sagte Sabine Adler in der Sendung.

Klimaclub, Individuum, Ökodiktatur. Die Ebenen des Handelns sind vielfältig, aber auch so komplex, dass es immer noch am einfachsten ist, einfach nix zu machen. Das Individuum allein wird die multiplen Krisen nicht lösen können. So sind wir doch alle Teil eines Systems, was darauf bestrebt ist, sich stets selbst zu erhalten.

Dazu gekommen ist nun die Gaskrise. Eine unsagbar tragische Gasumlage und eine verzweifelt unwirksame Debatte um die Übergewinnsteuer und nun im September 22 das Entlastungspaket mit Preisdecklungen auf Energiekosten. Alles unter der Frage: wie soll mensch das alles zahlen und trotzdem aufhören die Umwelt zu zerstören? Viel zu selten wird diese Frage jedoch im Zusammenhang gestellt.

Vielleicht war die Idee der Gasumlage mal ne gute Idee. Fossile Brennstoffe, egal ob Krieg oder nicht, dürfen nicht mehr günstig sein. Das Aufhalten der weiteren Erderwärmung muss uns alle zwingen, unser Leben zu ändern. Rettungspakete der deutschen Regierung sind oft Gießkannen, die eine Veränderung von umweltschädlichen Verhalten nicht anregen bei jenen, die die hohen Energiepreise eh nichts ausmachen. Also jene, die eh nicht den größten Anteil an den Schäden der Umwelt verursachen. Die soziale Dimension versuchen wir aktuell noch auszublenden. Das geht nur, weil auf die Klima- und Gaskrise eine Krise des Fachkräftemangels wütet. Die demografische Krise steht schon in den Startlöchern.

Nichts liegt mehr ferner, als nur zu meckern und draufzuhauen oder gar den Kopf in den Sand zu stecken. Viel mehr möchte ich eine Idee in den Ring werfen, die an den Kern der fossilen Energien und das Aufhalten der weiteren Erderwärmung geht. Ich stellte mir die Frage:

Lassen sich Erderwärmung UND das soziale Ungleichgewicht nicht mit einer Lösung angehen?

Die ökologische Marktwirtschaft

4,8 Tonnen CO2 produziert im Durchschnitt jeder Mensch auf der Erde (Wert von 2019). In Deutschland lag 2019 der durchschnittliche Wert bei 7,9 Tonnen. In Katar liegt dieser Wert bei 30,68 Tonnen in Indien bei 1,69 Tonnen.

Wollten wir die heutigen Temperaturen beibehalten, müssen wir unsere CO₂ Emissionen also auf Null reduzieren. Das wird jedoch kaum möglich sein. Daher braucht es das Pariser Abkommen, was eine Erwärmung um 1,5 Grad als Ziel vorsieht.

Um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen, standen uns ab Anfang 2020 noch 400 Gigatonnen CO2 insgesamt zur Verfügung. Wenn wir mehr verbrauchen passiert erstmal nichts. Nichts für die verursachenden Unternehmen noch für uns Menschen. Die Auswirkung bekommen wir im Hitze-Sommer, Umweltkatastrophen, Waldbränden, Überschwemmungen, Stürmen zu spüren. Die Katastrophen weltweit noch nicht inbegriffen. Es ist also klar, wir müssen das Einsparen von CO₂ zu etwas so Normalem machen, wie Geld ausgeben.

Die Lösung – eine CO₂-Börse

Man stelle sich vor, es gebe ein individuelles jährliches CO₂ Budget für jeden Menschen in jedem Land, welches sich an der jährlich maximal zu auszustoßenden Menge an CO₂ bemisst. Dieses Budget würde auf die gesamte Menschheit runter gerechnet werden. Das Budget von 400 Gigatonnen CO₂ würde zu gleichen Teilen verteilt auf die 7,753 Mrd. Menschen.

Am Anfang jedes Jahres bekommt jede*r dieses Budget zugeschrieben. Verwaltet wird dieses Budget von einer internationalen globalen CO₂-Union. Das würde bedeuten, jede*r hätte eine Tonne CO₂ pro Jahr zur Verfügung. Auch Kinder wären hier mit gemeint. So ergäbe sich ein Haushalts- CO₂-Budget. (Für die Festlegung einer genauen Zahl fehlt mir das wissenschaftliche Know-how. Die eine Tonne pro Jahr dient daher nur als exemplarisches Beispiel.)

Entsprechend der Lebensumstände wird einem automatisch, ähnlich wie eine Steuer, CO₂ von diesem Budget abgezogen. Sprich wer in einem Haus wohnt, hat einen höheren CO₂ Grundverbrauch als jemand in einer kleinen Wohnung. Wer sich bei Energie und Wärme autark versorgt, hat viel weniger Grundumsatz als jemand, der die veraltete Gastherme nutzt.

Auch beim Lebensmitteleinkauf wäre für jede Ware ein CO₂ Wert angegeben. Regionale Ware würde plötzlich günstiger. Landwirtschaftliche Subventionen für den Export von tierischen Produkten würde unglaublich teuer. Günstig und teuer im Sinne, was der Umwelt gut tut im Hinblick auf die Erderwärmung. Das Wirtschaftssystem würde gekoppelt an eine Umwelt-Kennzahl.

Dinge, die wir tun und konsumieren, kämen dem, was wir dafür von der Umwelt abverlangen, näher. Geld würde gekoppelt an CO₂. Jedoch kann ich CO₂ nicht einfach mit Geld ausgleichen. Möchte ich z.B. mit dem Flieger in den Urlaub, das Auto nutzen, ein Haus bauen, brauche ich zusätzliches CO₂-Budget. Die Summe des zur Verfügung stehenden CO₂-Budget bleibt immer gleich. Lediglich die Verteilung untereinander kann sich ändern.

Wer Luxus will, muss sein CO2-Budget aufstocken.

Dieses zusätzliche CO₂ kann ich mir auf einem nationalen CO₂ Markt kaufen oder auch leihen, ähnlich einem nationalen Aktienmarkt. Wer nämlich kein oder kaum CO₂ verbraucht, kann sein CO₂-Budget dort einstellen und es gegen Geld eintauschen. So bleibt die uns als Menschengemeinschaft zur Verfügung stehende Menge an CO₂ regulierbar. Die Menge an CO₂ ist jedoch gedeckelt und muss sich an der Menge CO₂ bemessen, die die Erdatmosphäre aufnehmen kann.

Der Wald-Arbeitseinsatz, um in den Urlaub zu fliegen. 

Eine weitere Möglichkeit, an zusätzliches CO₂ zu kommen, wäre das Pflanzen von Bäumen. Ein gepflanzter Baum erhöht das jährliche CO₂ Budget. Nun hat nicht jede*r die Möglichkeit oder Erlaubnis, einen Baum vors Fenster zu pflanzen. Daher gibt es globale Bewaldungsprojekte. Diese können entweder finanziell oder mit körperlicher Arbeit unterstützt werden.

Spielte man dieses Gedankenexperiment global durch, hätte das ungeahnte Konsequenzen, die bestimmt sofort auch 100 Gründe liefern, warum man das nicht machen sollte. Vielleicht wäre das sogar die globale Ökodikatatur.

Ich freue mich auf Gründe, die dagegen sprechen, über blinde Flecken, die ich nicht bedacht habe oder einfach über ergänzende Gedanken.

Der Text oben erschien zuerst in unserem Newsletter vom 06. September 2022. Hier gehts zur Anmeldung. Folgende Links enthielt der Newsletter zudem:

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